Die Geschichte der Abrafaxe

Zahlen und Fakten

Nachdem der Junge-Welt-Verlag 1975 den Forderungen von Mosaik-Gründer und kreativem Oberhaupt Hannes Hegen nach größeren Erscheinungsabständen und höherem Gehalt nicht mehr nachkommen wollte (zumindest ist dies die "offizielle Version"), wurde Hegens Team mit der Schaffung eines neuen Figurenensembles beauftragt.
Unter der Federführung von Lothar Dräger und Lona Rietschel entstanden die Abrafaxe, die zwar das Modell der "drei nicht alternden Kobolde" von Hegen übernahmen, aber eine glücklichere Hand in der individuellen Charakterisierung der drei Protagonisten hatten. Während sich bei den Digedags höchsten Digedag selbst gegenüber Dig und Dag durch höheren Scharfsinn auszeichnete, sind die Rollen bei den Abrafaxen ziemlich klar verteilt und bis heute kaum verändert: Abrax ist der Draufgänger, der erst handelt und dann denkt, Brabax der kluge Kopf, dem es dennoch manchmal an Lebensweisheit fehlt, und Califax schließlich der eher einfach gestrickte Lebemann mit Hausmannstalenten.
Während die Hauptfiguren also charakterlich differenzierter als ihre Vorgänger daherkamen, zeigte sich spätestens ab Mitte der 80er Jahre die große Schwäche der "neuen Serie": Es fehlt den Machern an der Kreativität hinsichtlich der Ideen und der konsequenten Strukturierung von Handlungsverläufen, die das Mosaik mit den Digedags nahezu ohne Unterbrechung ausmachte. Am deutlichsten zeigt sich dies darin, dass Hegen sich einfach nicht darum kümmerte, ob die Chronologie über 223 Hefte und mehrere Jahrhunderte konsistent blieb, sondern er legte den Schwerpunkt auf originelle Nebendarsteller und spannende Handlungen. Als den Abrafaxe-Machern nach fünf Jahren das erste Mal die Handlung stockte, ließen sie ihre drei Helden kurzerhand eine mysteriöse Zeitreise machen, die nicht die letzte bleiben sollte. Das hat zwar den Vorteil, dass man immer wieder eine Handlung am Zeitpunkt Null beginnen lassen kann, wird aber mit der Zeit durchschau- und vorhersehbar.
Dass sich im Gegensatz zu Aufmachung und redaktioneller Qualität des Mosaik-Heftes und zeichnerischer Modernisierung der Figuren an diesem Übel bis heute nichts geändert hat, zeigte der Ende 2000 abgeschlossene Erzählzyklus Orient-Express, der sich nach einem hoffnungsvollen Start zu einem schwindelerregenden Mäander zwischen humoristischen Anspielungen, Kriminalgeschichte, Slapstickkomödie und historischem Politthriller entwickelte, dem jede Konsistenz in der Charakterisierung der Figuren abhanden kam und der schließlich ein etwas abruptes und unspektakuläres Ende fand. Es war nicht einmal gelungen, den äußerlich bedrohlich wirkenden Oberschurken durch entsprechendes Handeln in der Geschichte mit glaubwürdiger Gefährlichkeit zu versehen. Für eingefleischte Fans wenig überraschend wurde die nun folgende Geschichte in das Amerika der Prohibitionszeit verlegt: Damit versuchen die Mosaik-Macher, ein Rezept in das monatliche Heft zu übernehmen, dass schon einmal sehr erfolgreich aufgegangen ist.


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